Ehrlich bereuen
Georg Plank

Ehrlich bereuen

Ich habe in meiner früheren Funktion als diözesaner Pressesprecher oft erleben müssen, dass Journalist:innen, Kirchenkritiker:innen oder Atheist:innen die Kirche nicht anklagen, weil sie gesündigt hat. Nein, es empört sie, wie allzu viele Kirchenvertreter:innen mit der eigenen Schuld und deren Opfer umgehen. Sie vermissen ehrliche Reue!

Intuitiv erfassen auch sogenannte „kirchenferne“ Menschen, dass es der Umgang Jesu mit „gescheiterten“ Existenzen war, mit schuldiggewordenen Menschen, mit sozial und religiös Ausgeschlossenen und generell mit Diskriminierten, der ihn zu einem so besonderen, ja einzigartigen Menschen gemacht hat. Diese Einschätzung hängt nicht davon ab, ob jemand Jesus im religiösen Sinne als Prophet, Vorbild oder sogar Sohn Gottes versteht und verehrt, oder ob man ihn einfach als Prototyp eines Menschen betrachtet, der „gut“ im besten Sinn des Wortes ist. 

Daher können viele Menschen nicht verstehen, warum so viele kirchliche Verantwortliche ihre Verfehlungen nicht bereuen und durch geänderte Praxis beweisen, dass diese Reue ernst gemeint ist. Vor allem junge Menschen empfinden zusätzlich eine besonders heuchlerische Diskrepanz zwischen der Lehre von der fundamentalen Gleichheit aller Menschen und der kirchlichen Praxis. Sie erfassen intuitiv, dass Jesus niemals Menschen aufgrund von Geschlecht, Hautfarbe, Religion oder sexueller Orientierung diskriminieren oder ihnen den Segen verweigern würde. 

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2 Kommentare
  1. Ein Indiz dafür, dass sich Kirchenverantwortliche nicht leicht für etwas entschuldigen, ist für mich die scheinbare Einheit von Rolle und Person von geistlichen Verantwortungsträgern. Die Verfehlung passiert durch eine Person, aber um die Rolle nicht zu verletzen setzt man in diesem Falle oft darauf nicht zu den Taten zu stehen. Psychologisch geht das in die Richtung „Totalindendifikation“ mit der Rolle, und dann kann man den notwendigen differenzierten Blick schon verlieren. Menschen heute sehen viel mehr die Person als die Rolle, darum wirkt eine nicht ehrlich aufgearbeitete Sache doppelt negativ für die Kirche als Organisation.

  2. Persönlich bereuen, was man getan oder unterlassen hat, ist die eine Seite, die solange nicht „öffentlich“ wird, solange man sich nicht öffentlich ehrlich entschuldigt.
    Niemand kann sich aber selbst ent-schuldigen, dazu muss auch das Gegenüber bereit sein den „Schuldschein“ zu zerreissen und die Vergebung aussprechen. Erst dann wird wirklich „ent-schuldet“.

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