Fratelli Tutti und Chicago
Georg Plank

Fratelli Tutti und Chicago

Seine mitten in der Coronapandemie 2020 veröffentlichte Enzyklika „Fratelli Tutti“ betitelt Papst Franziskus programmatisch mit „Über die Geschwisterlichkeit und die soziale Freundschaft“. Er will einen demütigen Beitrag für den Dialog einer globalen und pluralen Menschheit auf dem Weg zu einer größeren Einheit und Verbundenheit auf der Basis individueller Würde und begrüßenswerter Verschiedenheit leisten. Die Pandemie habe gezeigt, dass alle im selben Boot sitzen. Niemand dürfe ausgeschlossen werden. Keine:r darf den Anspruch erheben, die eine Lösung oder das eine gleichmachende Konzept für die ganze Menschheit zu besitzen.

Ich empfehle diesen lesenswerten Text eines Papstes, der sich weniger als abgehobenes „Oberhaupt“ und „Heiliger Vater“ der römisch-katholischen Kirche versteht, denn als dienender Hirte und bescheidener Seelsorger der ganzen Menschheit und der ganzen Schöpfung – in Verbindung mit vielen Mitmenschen aus allen Kulturen und Religionen, die im Geiste der Geschwisterlichkeit und Verbundenheit erneuernd und heilsam in der globalen Gesellschaft wirken wollen.

In Chicago habe ich eine Kirche kennengelernt, die dafür auch ein gutes Beispiel ist. Angesichts zunehmender Polarisierungen betrachtet diese methodistische „Urban Village Church“ es als ihre vorrangige Mission, das Einende und Verbindende aller Menschen stark zu machen – und nicht das Trennende und Polarisierende. Gründungspastor Christian Coon erzählte mir, wie es zur Gründung dieser Kirche kam und warum ihr Motto lautet: „BOLD. INCLUSIVE. RELEVANT.” Im Geist des Paulus beschreibt diese Kirche ihre Kernwerte so: „We believe that we don’t have all the answers and that disagreement and discussion are healthy. We believe that Christian community is Christian not because it’s like-minded on every issue but because it is rooted in Jesus, who is a lot more interesting than religion has made him seem. We believe that every human being is created and gifted by God; therefore, people of every race and ethnicity, sexual orientation and gender identity, age and background, ability and disability, theological and political conviction are invited to be a real part of the church.”

Klingt gut, aber was ist das Besondere dran, werden Sie sich vielleicht fragen? Nachdem ich die Urban Village Church persönlich erlebt habe und auf ihrer Website sehe, wie divers ihr Staff, also die angestellten Hauptamtlichen, sich inzwischen entwickelt hat, würde ich antworten: Das Besondere ist, dass sie diese Werte in den Mittelpunkt all ihres Tuns stellen, dass sie ihr konkretes Verhalten immer wieder daran messen lassen und dass sie Fremdwahrnehmung und Kritik als Chance zum Lernen aufgreifen – lauter Verhaltensweisen, die ich in verfassten Kirchen des deutschsprachigen Raums oft schmerzhaft vermisse.

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