Georg Plank·Vor 2 Tagen ·5 min. Lesedauer
Die unverzichtbare Rolle der Laien in der Kirche
In einer Zeit, in der Kirchen weltweit vor enormen Herausforderungen stehen, rückt eine Frage immer stärker in den Mittelpunkt: Welche...
In einer Zeit, in der Kirchen weltweit vor enormen Herausforderungen stehen, rückt eine Frage immer stärker in den Mittelpunkt: Welche Rolle spielen eigentlich die Laien – also alle nicht geweihten Gläubigen – in der Zukunft der Kirche? Das Zweite Vatikanische Konzil hat vor über 60 Jahren mit seinen wegweisenden Dokumenten die Tür für ein neues Verständnis des „Volkes Gottes“ geöffnet. Doch wie steht es heute um die Verwirklichung dieser Vision? Welche Charismen bringen Laien ein, und warum ist ihr Weltdienst für eine lebendige Kirche unersetzlich?
Das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965) markierte einen entscheidenden Wendepunkt im Verständnis der Rolle der Laien. In mehreren Konzilsdokumenten, besonders in „Lumen Gentium“ (Dogmatische Konstitution über die Kirche) und „Apostolicam Actuositatem“ (Dekret über das Laienapostolat), wurde die Bedeutung aller Getauften neu hervorgehoben.
Besonders deutlich wird dies in „Apostolicam Actuositatem“, wo es heißt: „Zudem könnte die Kirche in vielen Gebieten, in denen es nur ganz wenige Priester gibt oder diese, wie es öfters der Fall ist, der für ihren Dienst notwendigen Freiheit beraubt sind, ohne die Arbeit der Laien kaum präsent und wirksam sein.“ Das Dokument erkennt „das unverkennbare Wirken des Heiligen Geistes“ an, der „den Laien heute mehr und mehr das Bewusstsein der ihnen eigentümlichen Verantwortung schenkt und sie allenthalben zum Dienst für Christus und seine Kirche aufruft.“
Klar ist, dass in einer Zeit, in der die Zahl der Priester und Ordensleute in vielen Teilen der Welt dramatisch sinkt, die Frage nach den Charismen der Laien eine neue Dringlichkeit gewinnt. Doch es geht heute um weit mehr als einen „Lückenbüßer“-Dienst aufgrund von Priestermangel.
Wir müssen bedenken, dass im gesellschaftlichen Sprachgebrauch „Laie“ eine Nicht-Fachperson im Gegensatz zu Expert:innen bezeichnet, während in der Kirche die „Nichtgeweihten Christgläubigen“ gemeint sind. Gerade diese „Laien“ sind aber heute oft die Expert:innen für unterschiedliche Lebenswirklichkeiten.
Das Konzil macht klar: Jede:r Getaufte erhält durch den Heiligen Geist besondere Gaben (Charismen), die zum Aufbau der Kirche und zum Dienst in der Welt bestimmt sind. Viele Menschen haben fachliche Kompetenzen in verschiedenen Berufsfeldern, Führungsfähigkeiten und organisatorische Talente, soziale und kommunikative Begabungen, Kreativität und Innovationskraft, spirituelle Tiefe und Gebetserfahrung oder einfach reiches Erfahrungswissen aus Familie, Beruf und Gesellschaft.
Die Kirche kann nur dann ihre volle Lebendigkeit entfalten, wenn sie diese Vielfalt an Gaben erkennt, wertschätzt und fördert. Neben der Mitwirkung innerhalb kirchlicher Strukturen, die seit dem Konzil stark zugenommen hat, sollen alle Christ:innen überall in der „Welt“ Zeugnis ablegen und so Brückenbauer zwischen Kirche und Welt sein, ja signalisieren, dass die Kirche immer auch ein Teil dieser Welt ist.
Trotz der klaren Aussagen des Konzils ist die Umsetzung dieser Vision in der kirchlichen Praxis oft mit Spannungen verbunden. So ist die kirchenrechtliche Stellung der Laien nach wie vor schwach ausgestaltet. Besonders deutlich wurde dies in der „Instructio über einige Fragen der Zusammenarbeit der Laien am Dienst der Priester“ von 1997, die vielfach als Rückschritt hinter die Konzilsvision empfunden wurde. Hier zeigt sich eine Defizitfixierung, die Laien hauptsächlich von dem her definiert, was sie nicht sind (nämlich geweiht), statt ihre positiven Beiträge zu würdigen.
Besonders Frauen, die mehr als die Hälfte der aktiven Kirchenmitglieder ausmachen, erleben immer noch erhebliche Einschränkungen ihrer Mitwirkungsmöglichkeiten. Hier sehe ich einen deutlichen Widerspruch zwischen der theologischen Anerkennung der Gleichwertigkeit aller Getauften und der kirchlichen Praxis.
Die Vorsitzende der Katholischen Frauenbewegung Österreichs und Geschlechter- und Sozialforscherin Angelika Ritter-Grepl ist angesichts des Synodendokuments von 2024 vorsichtig optimistisch: „Der Hoffnungsträger für die Zukunft der Kirche ist der Satz: ‚Es gibt keine Gründe, die Frauen daran hindern sollten, Führungsrollen in der Kirche zu übernehmen: Was vom Heiligen Geist kommt, kann nicht aufgehalten werden. Darüber hinaus bleibt die Frage des Zugangs von Frauen zum diakonischen Amt offen.‘ Die Besonderheit an diesem lehramtlichen Dokument sind damit zwei Aspekte: Einmal die Abkehr vom Komplementaritätsmodell hin zur Reziprozität der Geschlechter. Nirgends im Dokument kommt die Verwendung von Geschlechterstereotypen vor. Zweitens die Offenheit gegenüber der Frage der Frauenweihe hinsichtlich des Diakonats, was das angebliche Endgültigkeitsgebot aus ‚Ordinatio sacerdotalis‘ von Johannes Paul II. faktisch aufhebt.“
Mein Fazit: Die Zeit ist reif für eine echte „Kirche der Laien“
Die Zukunft der Kirche hängt wesentlich davon ab, ob es gelingt, die Vision des Zweiten Vatikanischen Konzils vom gemeinsamen Priestertum aller Gläubigen in die Tat umzusetzen. Alle gehören als Getaufte dem Volk Gottes (griechisch: laos) an. Daher sind und bleiben alle Laien, auch die geweihten Getauften. Diese Sichtweise ist nicht neu, aber sie erfordert dringend strukturelle Veränderungen und einen tiefgreifenden Mentalitätswandel.
Die Herausforderungen unserer Zeit – von der Digitalisierung über die ökologische Krise bis hin zu gesellschaftlichen Umbrüchen – können nur bewältigt werden, wenn alle Getauften ihre spezifischen Charismen einbringen, ob haupt- oder ehrenamtlich, ob Männer oder Frauen. Wie das Konzil betont: Laien sollen „mit Entschlossenheit Neues planen und ausführen“ (Gaudium et Spes).
Die Zeit ist reif für geistvolle Innovation – und diese Innovation wird maßgeblich von engagierten Laien getragen sein, die als mündige Christ:innen Verantwortung übernehmen und die Kirche mit Gottes Hilfe erneuern und in die Zukunft führen.
Gründer Georg Plank veröffentlicht wöchentlich Impulse für mehr Innovationen in christlichem Spirit und freut sich über zahlreiches Feedback. In Zukunft planen wir weitere Blogs durch unsere Referenten und Ecclesiopreneure.
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