Der Preis von Innovationsverweigerung wird für Kirchen immer höher. Menschen werden vom Glauben entfremdet, Engagierte werden frustriert und die Frohe Botschaft wird gerade durch diejenigen verdunkelt, die berufen und gesendet sind, sie durch Wort und Tat zu verkünden. Da ist Feuer am Dach! Da stellt sich die grundsätzliche Frage, ob das Werkzeug Kirche dysfunktional geworden ist. Adventlich gefragt: Wenn die geforderten Früchte ausbleiben, sollte dann nicht die Axt an den unfruchtbaren Baum gelegt werden?
Sie alle kennen dafür viele Beispiele. Einige sind vor allem in der römisch-katholischen Kirche Dauerbrenner. Intern geht es zum Beispiel um den Pflichtzölibat, die Öffnung kirchlicher Ämter für Frauen oder das Verhältnis von allgemeinem und speziellem Priestertum. Noch wesentlich folgenreicher sind Themen, die alle Menschen betreffen, die also massive Außenwirkung entfalten. Denken Sie an unterschiedliche Formen des Missbrauchs und deren systemische Bedingungen, denken Sie an die für viele Menschen untragbaren Verurteilungen jeglicher sexuellen Handlungen außerhalb der Ehe oder an die Verteufelung von Erkenntnissen zu Geschlechter- und Identitätsfragen. Oft sind es auch Verstrickungen von Kirchen in Finanzskandale oder unmoralische Allianzen mit Machtinhabern und Institutionen, die es vielen Menschen schwer machen, Vertrauen aufzubauen.
Einige dieser Themen führen auch in Kirchen der reformatorischen und orthodoxen bzw. altorientalischen Traditionen zu heftigen Diskussionen, manchmal leider auch zu richtiggehenden Zerreißproben wie bei Fragen der Bedeutung natur- und humanwissenschaftlicher Erkenntnisse oder der Gender- bzw. LGBTQ-Thematik.
Bei allem Verständnis für die vielfältigen und schwierigen Aspekte all dieser Fragen: Sollten sie nicht in erster Linie stärker unter dem Aspekt behandelt und beantwortet werden, was es heute bedeutet, Gott den Weg zu bereiten? „Jedes Tal soll sich heben, jeder Berg und Hügel sich senken. Was krumm ist, soll gerade werden, und was hüglig ist, werde eben.“ (Jesaja 40,4). Was sind die Schlaglöcher, die heute das Kommen Gottes behindern? Was die Hindernisse, die aus dem Weg geräumt werden müssen? Welche krummen Traditionen verhindern heute, dass Menschen Gott erfahren? Welche Stolpersteine machen es unnötig schwer, sich für die Nachfolge Jesu zu entscheiden?
Ich weiß. An diesem Punkt der Debatte weisen die einen darauf hin, dass es sich um weltkirchliche Regelungen oder unaufgebbare Glaubenssätze handelt und die anderen verweisen auf Kirchen, die trotz geänderter Regeln genauso im Kontext von Säkularisierung und Moderne marginalisiert werden und an Relevanz verlieren.
Ich erlebe aber auch einiges, was sich bei gutem Willen sofort verbessern ließe, zum Beispiel:
- Unfreundlichkeit stößt viele Interessierte ab, sodass sie kein zweites Mal kommen – bitten wir um die Gabe der Freundlichkeit!
- Freunderlwirtschaft, Statussymbole und Wichtigtuerei sind nicht mit Jesu` Vorbild kompatibel – bitten wir um die Gabe der Demut!
- Mittelmaß in der Qualität von Organisation, Inhalt oder Kommunikation wird als lieblos und leidenschaftslos empfunden und schreckt ehrgeizige Menschen ab – bitten wir um Hingabe und Heiligkeit!
Aus Innovationssicht betone ich: Jetzt ist die Zeit! Jetzt ist die Stunde! Innovationen fanden und finden nie unter optimalen Bedingungen statt. Sie stießen und stoßen nie sofort auf allgemeine Begeisterung, sondern sind oft mit massiven Widerständen, Verleumdungen und Verfolgungen konfrontiert. Sie wurden und werden selten von oben – top down – verordnet, sondern entstehen dort, wo das Problembewusstsein am stärksten ist.
Es ist eben alles sehr komplex. Gerade deshalb ist heute die Kunst der konstruktiven Vereinfachung gefragt. Damit wir auch heute dem Herrn den Weg bereiten!
Schreibe einen Kommentar