Dein Glaube hat dir geholfen
Georg Plank

Dein Glaube hat dir geholfen

Diesen Satz finden wir immer wieder am Ende vom Heilungs- oder Wundererzählungen im Neuen Testament. Man kann ihn aus unterschiedlichen Perspektiven interpretieren: theologisch, psychologisch oder sozial zum Beispiel.

Aus innovationstheoretischer Perspektive fällt auf, dass Jesus Menschen offensichtlich nicht nach äußerlichen Gesichtspunkten beurteilt und schubladisiert, sondern sich bemüht, das Wesen, die Person und das Einzigartige jedes Menschen wahrzunehmen. Sein offenes Zugehen auf Außenseiter der damaligen Gesellschaft rief ja gerade bei den frommen Führungskräften, aber auch bei seinen eigenen Jüngern häufig scharfen Protest hervor.

Innovative Menschen tun es Jesus gleich. Sie versuchen, in jedem Menschen das oft verborgene Gute und das ungehobene Potential wahrzunehmen, ja wachzuküssen.

Ihnen ist oft aus eigener Erfahrung bewusst, dass jede:r in irgendeiner Weise Verletzungen, Verwundungen und Schuld erlitten hat und mit sich trägt. Sie wissen, dass diese oft vorschnell als negativ beurteilten Erfahrungen genuiner Teil menschlicher Existenz und Entwicklung sind. Der französische Philosoph Charles Pepín hat das in seinem Buch „Die Schönheit des Scheiterns“ wunderbar auf den Punkt gebracht.

Um aus Scheitern zu lernen, braucht es ein liebevolles und wertschätzendes Umfeld. Deshalb verwende ich gerne den Begriff „wachküssen“. Tatsächlich erlebe ich bei mir und anderen oft, wie das Gute, das Liebevolle und Heilvolle, wie eingeschlafen erscheint. Ein sanfter Guten-Morgen-Kuss hilft beim Munterwerden viel besser als ein schriller Wecker.

Das Menschenbild Jesu erinnert mich auch an den niederländischen Historiker Rutger Bregman, der in seinem Buch „Im Grunde gut“ eine anthropologische Reise unternimmt. Dabei versucht er nachzuweisen, dass sich der Mensch nur deshalb evolutionär so wunderbar entwickeln konnte, weil er im Grunde gut ist. „Survival of the Fittest“ bedeutet nicht „the Strongest“! Überleben und Weiterentwicklung durch Anpassung an neue Herausforderungen gelingt tendenziell denen besser, die empathisch, sozial und liebevoll sind.

Wer mit dieser Haltung in Begegnungen geht, wird wie bei „selbsterfüllenden Prophezeiungen“ immer wieder von der positiven Seite eines vordergründig schlechten Menschen überrascht werden. So ging es Jesus mit der heidnischen Frau aus Syrophönizien. Nach einem intensiven Disput, ja nach der frecher Widerrede der tapferen Mutter, ob das Heil über das jüdische Volk hinaus tatsächlich allen gilt, bewundert Jesus ihren Glauben als „megalé“, also als übergroß, ja riesig.

Jeder Mensch ist also Kind Gottes. Dazu hat mein Doktorvater Rainer Bucher auf https://www.feinschwarz.net/kirchenaustritte/ einen wunderbaren Beitrag veröffentlicht. Wörtlich schreibt er:

„Nicht sein Glaube an Gott macht einen Menschen zu einem geliebten Kind Gottes, sondern Gott macht es. Gerade das sagt der christliche Glaube. Niemand muss an Gott glauben. Der Glaube ist nicht die Bedingung von Gottes Liebe, sondern das Bekenntnis zu ihr. Das ist die grundlegende Eigenschaft des Gottes Jesu: Er ist Gnade. Die Gemeinsamkeit der Menschen vor Gott ist keine ihrer Leistungen, sondern ihrer Sündigkeit. Der letzte Grund unserer Gemeinsamkeit als Menschen vor Gott ist die Armseligkeit vor ihm. Noch die Besten, noch die Frömmsten, noch die religiös Eifrigsten können sich vor Gott nicht rühmen, brauchen seine Liebe, seine Gnade, seine Erlösung, gerade sie.“

Bei der Wiedereröffnung der Kathedrale Notre Dame de Paris wurde auch vielfach darüber berichtet, dass weiterhin von Besucher:innen kein Eintritt verlangt wird. Die Begründung:

Die Kathedrale Notre-Dame de Paris freut sich, Sie willkommen zu heißen: Pilger, Gläubige und Nichtgläubige, Christen, Besucher aus aller Welt, alle Männer und Frauen guten Willens!

Notre-Dame de Paris ist eine Kirche, ein Ort römisch-katholischer Anbetung, an dem sich Christen zum Gebet versammeln. Sie öffnet Ihnen herzlich ihre Türen, damit Sie das ganze Jahr über Gottesdienste besuchen oder die Kathedrale frei besichtigen können.

Bewusst wird das Menschsein über jegliche Differenzierung gestellt.


Alle Fotos der aktuellen Blogserie stammen vom bisher leistungsstärksten Weltraumteleskop, dem James Webb Teleskop. Es startete am 25. Dezember 2021 und erreichte zum 24. Januar 2022 eine Umlaufbahn um den etwa 1,5 Millionen Kilometer von der Erde entfernten Lagrange-Punkt. Mehr unter https://www.youtube.com/watch?v=nS0HZdPshmg

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