Kirche stirbt aus
Georg Plank

Kirche stirbt aus

Viele Studien und Medienberichte im deutschsprachigen Raum deuten darauf hin, dass die großen verfassten Kirchen, also die römisch-katholische und die evangelische Kirche AB einem unaufhaltsamen Rückgang ausgeliefert sind. Die Prognosen sind düster. Die Anzahl der Mitglieder, der Prozentsatz derer, die den Sonntag in ihrer Gemeinde feiern und die Zahl der haupt- und ehrenamtlich Engagierten nehmen ab.

Stimmt daher die These, dass die Kirchen aussterben beziehungsweise auf dem Weg in die quantitative Bedeutungslosigkeit sind?

Wenn man Kirche in erster Linie als lokale Gemeinde versteht, dann ist dieser Befund eindeutig zutreffend. Die Mehrzahl der Gemeinden leidet unter ähnlichen Phänomenen, wobei die Ursachen oft nur oberflächlich analysiert werden. Aber das ist eine eigene Geschichte.

In diesem Beitrag möchte ich aber dafür plädieren, „Kirche“ als Ganzes zu betrachten. Deren territoriale Sozialformen haben zwar historisch eine herausragende Bedeutung und werden auch in Zukunft eine unerlässliche Rolle spielen. Parallel dazu haben sich aber in allen Kirchen im Zuge ihrer Modernisierung neue Handlungsfelder aufgetan. Denken Sie zum Beispiel an den Bildungsbereich mit Kindergärten und Schulen, aber auch vielen Initiativen der freien Erwachsenenbildung. Oder an den Sozialbereich, in dem Caritas und Diakonie als Megaplayer eine für die ganze Gesellschaft bedeutende Rolle spielen. Oder an den Gesundheitsbereich mit vielen Krankenhäusern, die vorrangig von Ordensgemeinschaften getragen werden. Oder an den Kulturbereich, wo traditionelle und zeitgenössische Formen von Kunst, Ortsbild oder die kritische Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Entwicklungen eine große Rolle spielen, und das seit Jahrzehnten. Oder an alte und neue Bewegungen wie die Katholische Aktion oder Erneuerungsbewegungen mit evangelikalem Touch.

Interessant ist dabei folgendes Phänomen: Alle genannten Bereiche mussten massiv professionalisieren, um in Zeiten von Kompetenz- und Qualitätsorientierung auf dem Markt bestehen zu können. Kein kirchliches Krankenhaus könnte es sich zum Beispiel leisten, geringere Standards aufzuweisen als öffentliche Spitäler.

Nur durch Professionalisierung konnten all diese Bereiche nicht nur überleben, sondern teilweise beachtliche Ausweitungen und Steigerungen ihrer Kennzahlen verzeichnen.

Was viele nicht wahrnehmen, ist die Tatsache, dass Professionalisierung meist auch mit Entklerikalisierung verbunden war und ist. Zu diesem Zusammenhang habe ich in meiner Dissertation geforscht.

Sie sehen also, dass in erster Linie diejenige Form von Kirche schrumpft, die mit dem Territorialprinzip verbunden ist. Andere Bereiche sind teilweise massiv gewachsen. Offensichtlich hängt das mit Bedürfnisorientierung zusammen. Ob das auch ein Hinweis dafür ist, wie man lokale Gemeinden vitalisieren könnte?

 

Hintergrund der aktuellen Blogstaffel:

Vor einigen Jahren beeindruckte und beeinflusste das Buch „Factfulness“ und die Stiftung „Gapminder“ meine Sicht der Welt und mein Denken über Probleme und deren Lösung.

In dieser Blogstaffel möchte ich einige Prinzipien dieses Buches auf die Kirche anwenden. Mit zehn simplen Beispielen soll aufgezeigt werden, dass auch in diesem Bereich wesentlich mehr Fortschritte erzielt werden konnten als von vielen wahrgenommen wird. Damit sollen Probleme und Rückschritte nicht geleugnet oder relativiert werden. Im Gegenteil, der Blick auf bereits Gelungenes soll Kraft und Kreativität auslösen, sich weiterhin lösungsorientiert und leidenschaftlich für Innovationen zu engagieren.

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Gründer Georg Plank veröffentlicht wöchentlich Impulse für mehr Innovationen in christlichem Spirit und freut sich über zahlreiches Feedback. In Zukunft planen wir weitere Blogs durch unsere Referenten und Ecclesiopreneure.

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