

Zeitgemäße Passionsspiele
Vor 45 Jahren gründete ich mit drei Freunden die Schauspielgruppe Feldkirchen bei Graz. Auslöser dafür waren die Passionsspiele, die unser...
Vor 45 Jahren gründete ich mit drei Freunden die Schauspielgruppe Feldkirchen bei Graz. Auslöser dafür waren die Passionsspiele, die unser Pfarrer seit einigen Jahren mit Jugendlichen zur Aufführung brachte. Seine großartige Vision waren neue Formen der Verkündigung. Als ich dann im Gymnasium beim Bühnenspiel mitmachte, erkannte ich jedoch, was qualitätsvolles Schauspielen eigentlich ausmachte. Mir wurde klar: Unsere gut gemeinten Bemühungen in der Pfarre könnten wesentlich stärkere Wirkungen erzielen. Dazu mussten wir aber lernen. Wir mussten besser werden wollen und bestimmte Kompetenzen erwerben. Ein Schritt in diese Richtung war die erwähnte Gründung der Schauspielgruppe als eigenen Verein mit einer rechtlichen Basis. Damit wollten wir eine solide strukturelle Basis schaffen, zielorientierter werden und klarere Rollen definieren. Der zweite Schritt war, dass ich den Lehrer, der an meinem Gymnasium auch als Regisseur beim Bühnenspiel wirkte, für die Passionsspiele Feldkirchen engagierte. Er war zwar überrascht, dass ein Schüler ihm einen ehrenamtlichen Job anbot, aber aus irgendeinem Grund schaute er sich die Sache einmal an. Offensichtlich wirkte unsere Begeisterung so ansteckend, dass er tatsächlich die Regie für die Passionsspiele und auch für weitere Schwerpunkte wie Kinder- und Jugendtheater, englisches Kriminalspiel und vieles andere übernahm. Mehr als dreißig Jahre lang unterstützte er die Schauspielgruppe, immer besser zu werden. Aus einer guten Idee ist tatsächlich eine gute Umsetzung geworden. Natürlich konnte niemand vorhersagen, wie sich die Schauspielgruppe Feldkirchen konkret entwickeln würde. Heute würde ich diese Gemeinschaft theologisch als „Pastoralgemeinschaft“ qualifizieren. Denn weit über das Theaterspielen hinaus bietet sie die Möglichkeit, dass jede:r sich mit seinen jeweiligen Talenten einbringen, neue Freund:innen finden und das Leben in guten und schlechten Zeiten teilen kann.
Gescheitert bin ich allerdings mit meinem Anliegen, die traditionelle alpenländische Tradition bewusst zu verlassen und in anderer Weise „moderne“ Passionsspiele zu entwickeln. Dabei sollten exegetische und historische Forschungen, neue theatralisch-künstlerische Formen und humanwissenschaftliche Erkenntnisse eine viel stärkere Rolle spielen. Das Anliegen, möglichst nahe am biblischen Text zu bleiben, empfand ich bereits als junger Theologe als biblizistisch und damit kontraproduktiv. Denn die Bibel eignet sich nur bedingt als Theaterskript. Auch wird man den Anliegen der unterschiedlichen Autoren der Evangelien damit nicht gerecht. Die unterschiedlichen kerygmatischen Traditionen der Anfangszeit von Kirche sollen nicht vereinfachend harmonisiert werden. Brüche und Spannungen verdienen es, ernstgenommen zu werden. Ich träumte von einer guten Hermeneutik, die biblische Botschaften möglichst inspirierend in die Gegenwartskultur übersetzen könnte.
Mittlerweile gibt es viele Beispiele wie zum Beispiel das Ein-Personen-Stück „Judas“ der niederländischen Gegenwartsautorin Lot Vekemans oder die Kainbacher Passionsspiele der Barmherzigen Brüder in Graz, wo Bewohner:innen und Betreuer:innen der Lebenswelten gemeinsam biblische Themen auf unterschiedliche Arten „auf die Bühne“ bringen. In der Erzdiözese Salzburg gibt es sogar ein eigenes Referat für „biblisches Theater“, das Galli Theater in Wiesbaden hat spezifische Bibeltheaterstücke entwickelt und die Evangelische Kirchen fördert immer stärker den Schwerpunkt „Theater in Kirchen“.
Denn nicht nur die Passionstexte per se, sondern viele biblischen Gestalten, Zyklen oder Einzelerzählungen bieten sich thematisch für moderne Inszenierungen an. Umgekehrt begegnen in vielen profanen Stücken grundlegende Lebensfragen, die Brücken zwischen der heutigen Zeit und der Frohen Botschaft bauen könnten. Angesichts all der bedrängenden Themen und fundamentalen Krisen, die viele Menschen und Völker existenziell herausfordern, sehe ich darin große Chancen für lebensnahe und lebensdienliche Formen der Verkündigung.
Damit beschäftigt sich auch das Liturgische Institut in Trier und hat die Potentiale zwischen Kirche und Theater in einer eigenen Broschüre publiziert (Arbeitshilfe 254).
Ich frage mich daher, warum diese Chancen nicht noch viel intensiver in der kirchlichen Verkündigung aufgegriffen werden. Immerhin hatte Bertolt Brecht auf die Frage, welches Buch ihn am meisten beeinflusst habe, geantwortet: „Sie werden lachen, die Bibel.“
Vielleicht inspiriert diese „gestorbene“ Idee jedoch den einen oder die andere Leser:in, sodass sich daraus eine eigene Initiativen entwickelt: kreativ, kontextuell und fruchtbar?
Gründer Georg Plank veröffentlicht wöchentlich Impulse für mehr Innovationen in christlichem Spirit und freut sich über zahlreiches Feedback. In Zukunft planen wir weitere Blogs durch unsere Referenten und Ecclesiopreneure.
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