Online-Liturgie
Georg Plank

Online-Liturgie

Sie erinnern sich bestimmt, wie im ersten Lockdown der Coronapandemie online Formate auch für Gottesdienste wie die sprichwörtlichen „Schwammerl“ (dt.: Pilze) aus dem kirchlichen Boden schossen. Ich bewunderte die Kreativität, den Ehrgeiz und die Lösungsorientierung vieler Gemeinden und kirchlicher Gemeinschaften. Klar konnten viele weder die nötige Qualität noch den langen Atem aufbringen, um aus den spontanen ersten Versuchen dauerhafte Angebote zu entwickeln.

Man konnte rasch zwei Kategorien feststellen:

  • Übertragung von physischen Gottesdiensten oder Gebetstreffen. Diese mussten ähnliche Rahmenbedingungen wie TV-Übertragungen beachten, um auf positive Resonanz zu stoßen. In dieser Kategorie hat sich tatsächlich das Spektrum dauerhaft erweitert, sowohl als TV-Format als auch in Form von internetbasierten Übertragungen bzw. in hybriden Formen.
  • Entwicklung eigener Formate, die den Eigenheiten digitaler Möglichkeiten gerecht zu werden versuchten. Diese orientierten sich nicht an traditionellen Gottesdiensten, sondern fragten sich, welche spezifischen Chancen digitale Formate bieten und wie diese als Mehrwert gelebt und erlebbar gemacht werden könnten.

Ausdrucksformen dieser zweiten Kategorie waren und sind für mich aus Innovationsperpektive besonders interessant. Denn digitale Welten nehmen einen immer größeren Raum in allen Altersstufen ein und sind somit ein massiver Einflussfaktor im Leben nahezu aller Menschen.

Zugleich bietet die Ubiquität von online Angeboten, also die Unabhängigkeit vom physisch-geografischen Ort, die Möglichkeit, die immer grobmaschigeren kirchlichen Strukturen durch neue, digitale Orte der Nähe und Formen der Präsenz zu entlasten. So könnten Menschen erreicht und eingebunden werden, deren Mobilität oder zeitliche Kapazität eingeschränkt ist. Was viele unterschätzen: Es gibt auch viele Menschen, die sich in der relativen Anonymität des Internets wohler fühlen und so selbst den Grad ihrer Teilnahme und Sichtbarkeit kontrollieren können.

Leider habe ich aktuell keinen Überblick, was sich in diesem Bereich alles entwickelt hat, welche Erfahrungen damit gemacht werden und wo tatsächlich Neues und Fruchtbares entstanden ist.

Meine eigenen Versuche umfassten zum Beispiel online Adventandachten, Weihnachtsfeiern und Abendgebete, aber auch Gruppenmeditationen, Bibelgespräche oder geistliche Begleitung.

Dabei lernte ich digitale Formen als Chance schätzen. Erwähnt habe ich bereits die gestufte Präsenz, sodass Teilnehmer:innen zum Beispiel selbst entscheiden können, ob sie sichtbar sind), dialogische und kreative Methoden (via Breakout-sessions, Padlet, Mentimeter, Slido etc.), Einspielungen von Medien (Musik, Videos, Podcasts etc.), nonverbale Methoden für Meinungsaustausch oder für Gebetsanliegen und vieles mehr.

Besonders faszinierte mich, wie vielfältig sich die Herkunft der Teilnehmer:innen – geografisch und konfessionell – durch die Ortsunabhängigkeit des Internets entwickelte und von vielen als Bereicherung empfunden wurde.

Doch mir erging es wie vielen: Schneller als gedacht folgte den Lockdowns das „back to the old normal“! Also Schluss mit digitalen Experimenten …

Schade. Denn ich selbst würde es schätzen, zum Beispiel zu wissen, dass ich pünktlich um 21 Uhr jeden Abend an einem kurzen Nachtgebet teilnehmen könnte, immer dann, wenn ich Zeit und Lust dazu habe. Selbst wenn es ein solches Angebot in meiner Gemeinde gäbe, würde ich wegen 5-10 Minuten nicht extra zur Kirche fahren.

Vielleicht inspiriert diese „gestorbene“ Idee jedoch den einen oder die andere Leser:in, sodass sich daraus eine eigene Initiativen entwickelt: kreativ, kontextuell und fruchtbar?

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Gründer Georg Plank veröffentlicht wöchentlich Impulse für mehr Innovationen in christlichem Spirit und freut sich über zahlreiches Feedback. In Zukunft planen wir weitere Blogs durch unsere Referenten und Ecclesiopreneure.

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