Gottesdienst = Heilige Messe
Georg Plank

Gottesdienst = Heilige Messe

Ende April gestalteten meine Frau und ich einen Gottesdienst zum Welttag der geistlichen Berufe. Da dieser Gottesdienst via ORF im Fernsehen übertragen wurde, wurde vielen Zuseher:innen erst während der Übertragung bewusst, dass es sich nicht um eine Heilige Messe, sprich eine Eucharistiefeier, handelte, sondern um eine sogenannte Wortgottesfeier. Dieses Missverständnis liegt daran, das in Österreich der Begriff Gottesdienst von vielen Katholiken synonym mit heiliger Messe verwendet wird.

Heißt das, Katholikinnen feiern ausschließlich Heilige Messen?

Ein Faktencheck zeigt, dass die Liturgie, also das gottesdienstliche Feiern aller Kirchen, von Anfang an große Vielfalt aufgewiesen hat. Es stimmt, dass der Auftrag Jesu beim letzten Abendmahl „Tut dies zu meinem Gedächtnis“ die Basis für liturgisches Handeln darstellt. Daher ist gerade für Katholik:innen die Feier der Eucharistie beziehungsweise für viele Kirchen das Abendmahl Quelle und Höhepunkt liturgischen und kirchlichen Lebens. In dieser Feier wird das Heilshandeln Gottes in Jesus Christus erinnernd vergegenwärtigt.

Durch das Reformprojekt des Zweiten Vatikanischen Konzils hat auch die katholische Kirche darüber hinaus wiederentdeckt, dass es viele Traditionen und Wege gibt, wie sich Gott der feiernden Gemeinde offenbart.

Ein wichtiger Weg ist die Heilige Schrift, also die biblischen Lesungen des Alten und Neuen Testaments der Bibel. Ein anderer Weg ist die Verehrung von bestimmten Bildern und Artefakten, wie sie zum Beispiel in östlichen Kirchen durch die Ikonenverehrung zum Ausdruck kommt. Wieder ein anderer Weg ist die Vielfalt kontemplativer Traditionen, also die Entdeckung der Stille als Ort der Anwesenheit Gottes, wie sie zum Beispiel in der ökumenischen Gemeinschaft von Taizé  gelebt wird.

In vielen katholischen Pfarrgemeinden gab es trotz einer ausreichenden Anzahl von Priestern, denen ja laut Kirchenrecht die Leitung der Eucharistiefeier vorbehalten ist, immer schon viele gottesdienstliche Formen. Maiandachten, Prozessionen, Segensfeiern und vieles mehr prägt bis heute vor allem im ländlichen Bereich das volkskirchliche Leben.

In den letzten Jahrzehnten entstanden auch immer mehr Bewegungen, die sich von charismatischen und evangelikalen Kirchen inspirieren ließen. Worship-Gottesdienste werden zwar manchmal mit einer Eucharistiefeier kombiniert, haben aber einen Eigenwert mit ihrem Fokus auf Anbetung, Innigkeit und persönlichen Glauben.

Weitere Trigger dafür, die Vielfalt der Liturgie neu zu entdecken, sind der zunehmende Priestermangel im deutschsprachigen Raum, aber auch die durch die Corona-Lockdowns bedingten Onlineformate. Im digitalen Raum sind klarerweise nichteucharistische Gottesdienste grundsätzlich zu bevorzugen, weil dort der Mahlcharakter essenziell ist.

Mit neuen Möglichkeiten bieten sich viele Chancen, auch Menschen zu erreichen, für die ein Heilige Messe unverständlich und unnahbar erscheint. In einer Gesellschaft, wo viele Menschen zwar nach wie vor getauft sind, dann aber kaum mit christlichen Vorzügen wie Gebet und Gottesdiensten vertraut gemacht wurden, sind solche einfachen Möglichkeiten der Liturgie eine große Chance für die Verkündigung des Glaubens.

 

Hintergrund der aktuellen Blogstaffel:

Vor einigen Jahren beeindruckte und beeinflusste das Buch „Factfulness“ und die Stiftung „Gapminder“ meine Sicht der Welt und mein Denken über Probleme und deren Lösung.

In dieser Blogstaffel möchte ich einige Prinzipien dieses Buches auf die Kirche anwenden. Mit zehn simplen Beispielen soll aufgezeigt werden, dass auch in diesem Bereich wesentlich mehr Fortschritte erzielt werden konnten als von vielen wahrgenommen wird. Damit sollen Probleme und Rückschritte nicht geleugnet oder relativiert werden. Im Gegenteil, der Blick auf bereits Gelungenes soll Kraft und Kreativität auslösen, sich weiterhin lösungsorientiert und leidenschaftlich für Innovationen zu engagieren.

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Gründer Georg Plank veröffentlicht wöchentlich Impulse für mehr Innovationen in christlichem Spirit und freut sich über zahlreiches Feedback. In Zukunft planen wir weitere Blogs durch unsere Referenten und Ecclesiopreneure.

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