Rutger Bregman
Georg Plank

Rutger Bregman: Im Grunde gut

Kein Wort von Gott und dennoch gottvoll: Der Utopist Rutger Bregman begründet in seinem Buch, warum Menschen von Natur aus gut seien. Wie kommt er darauf? Und was haben seine Thesen mit einem christlichen Menschen- und Gottesbild zu tun, das hinter der Fassade kirchlicher Körpersprache oft verblasst ist?

Es sei nicht die Zivilisation oder die Angst vor dem Gefängnis, die uns davon abhalten, einander zu betrügen oder aufeinander loszugehen, sagt Rutger Bregman. Es sei die menschliche Natur. Tief in uns drinnen seien wir kooperativ, freundlich, liebevoll, altruistisch, kurzum: gut. Sie sehen: Der Historiker beleuchtet ein ähnliches Thema wie der Hirnforscher Joachim Bauer, nur eben aus einer anderen wissenschaftlichen Perspektive.

Bregmans Buch will vor allem die sogenannte Fassadentheorie widerlegen. Diese besagt, dass der Mensch im Naturzustand egoistisch und gewalttätig ist, alle gegen alle, Totschlag und Betrug. Das Leben im Naturzustand, schrieb Thomas Hobbes, einer der bekanntesten Verfechter dieser Theorie, sei „nasty, brutish and short“, garstig, brutal und kurz. Nur Gesetze, die Androhung von Strafen und ein disziplinierender Staat ermöglichten, dass wir friedlich zusammenleben können. Die Zivilisation sei eine dünne Schutzschicht über der explosiven und barbarischen menschlichen Natur. Sie könne jederzeit zerbrechen.

Der Holländer Rutger Bregman ist Historiker und gilt als einer der wichtigsten jungen Denker Europas. Obwohl Hobbes‘ Menschenbild unsere Institutionen und unser Denken geprägt hätten, gäbe es keinerlei Belege dafür, dass der Naturzustand so sei, wie Hobbes es sich vorstellt, sagt Bregman. Als eines von vielen Beispielen dient Hurrikan Katrina: Im Jahr 2005 wurde New Orleans nahezu komplett überflutet, der Strom fiel aus, die Wasserversorgung war bedroht. Geschichten von durchtrennten Babykehlen, Plünderungen und Vergewaltigungen gingen um. Der Polizeichef ging vom Schlimmsten aus, die Armee rückte in die Stadt ein. In Wirklichkeit aber passierte etwas anderes, worüber kaum berichtet wurde: Die meisten Menschen kümmerten sich umeinander, waren solidarisch und verhielten sich … menschlich.

 

In meiner Blogserie habe ich die zentralen Thesen von Bregman thematisiert:

https://pastoralinnovation.org/blog/page/4/

 

Lesen Sie hier eine ausführliche Buchkritik von Jonathan Eibisch:

https://kritisch-lesen.de/rezension/sozialismus-fur-mensch-und-tier

 

Hintergrund der aktuellen Blogstaffel:

Wer ist nicht schon durch Bücher inspiriert worden, die formal total „fachfremd“ sind? Innovationstheoretisch ist dieser bewusste erweiterte Blick unter dem Slogan „thinking out of the box“ bekannt. Wir Menschen lernen eben nicht nur linear, sondern auch in Analogie. Wir sehen klarer durch den Kontrast.

In der aktuellen Blogstaffel stelle ich 10 Bücher vor, die für mich und meine Arbeit bereichernd sind, die aber zugleich zumindest in meinem Umfeld kaum bekannt sind.

Ich lade Sie ein: Welches Buch hat Sie inspiriert? Welches würden Sie weiter empfehlen?

Nutzen Sie dazu gerne die Kommentarfunktion – danke!

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Ein Kommentar
  1. „Im Grunde gut“ war einer der Bausteine meines Perspektivwechsels. Mittlerweile besitze ich das Buch nicht mehr, es ist zu einem Freund abgewandert. Und ja, dies würde ich wärmstens weiterempfehlen.
    Aktuell bin ich bei „Kein Teil von mir ist schlecht“ von Richard Schwartz, für mich eine ergänzende Innensicht zu Bregmann. Integrieren statt Bekämpfen/Ablehnen – ich bin dankbar, diese Sucht kennenlernen zu dürfen.

    Liebe Grüße, Friederike

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