Welche Chancen Machtfreiheit mir bietet
Georg Plank

Welche Chancen Machtfreiheit mir bietet und warum ich diesen Status genieße

„Bitte kommen Sie, vorne ist ein Platz für Sie reserviert!“ Oder die schnelle Reaktion auf eine per E-Mail vorgetragene Bitte an Kolleg:innen in ganz Österreich um eine Auskunft, die ich dringend für eine Pressemeldung benötigte. Oder der Gehaltszuschlag für meine Leitungsfunktion und meinen überdurchschnittlichen Einsatz… alles nette Annehmlichkeiten, die ich natürlich genoss und mit der Zeit so selbstverständlich nahm, dass ich ihren Suchtcharakter erst merkte, als Entzugserscheinungen spürbar wurden.

Denn mir war zwar klar, dass ich mit meiner Entscheidung, die Komfortzone einer gesicherten Anstellung zu verlassen und mich selbständig zu machen, ein geregeltes Einkommen und eine vom Dienstgeber bereitgestellte Büroinfrastruktur aufgab. Überrascht hat mich dann aber die Erkenntnis, wie bedeutsam Status in der katholischen Kirche und auch in unserer Gesellschaft generell ist. Von einem Tag auf den anderen hatte ich diesen aufgegeben. Und das führte dazu, dass meine E-mails plötzlich kaum oder gar nicht beantwortet wurden, dass ich aus protokollarischen Einladungslisten gestrichen wurde und dass ich für viele Verantwortliche, die ich als potentielle Partner.innen betrachtete, schlicht und einfach „aus den Augen und aus dem Sinn“ geraten war. Das war öfters für mich auch eine menschlich enttäuschende Erfahrung.

So wichtig ich es finde, einen positiven Zugang zum Thema Macht zu haben, so sehr ich es begrüße, dass auch in der katholischen Kirche immer mehr Führungsaufgaben Nicht-Klerikern, professionellen Männern und Frauen, anvertraut werden, war es für meine persönliche Entwicklung gut, einen radikalen Schwenk zu machen und mich als Machtloser oder besser, als Machtfreier, zu positionieren. „Wer von euch der Erste sein will, soll der Diener aller sein“. Dieses kleine Jesuswort sehe ich immer mehr als großen Schatz. Als Gründer und Jungunternehmer hatte und habe ich keine „potestas“. Dafür konnte ich mir Schritt für Schritt „auctoritas“ aufbauen und das in der Beziehung mit Menschen, die mir Vertrauen schenkten und – für die unternehmerische Existenz lebensnotwendig – durch konkrete bezahlte Aufträge eine Chance gaben.

Das Schöne an diesem völlig anderen Zugang war und ist für mich: Diese Kooperationen und Partnerschaften sind radikal ehrlich, von einem gemeinsamen Wollen geprägt und auf Augenhöhe umgesetzt. Hinter jeder einzelnen Zusammenarbeit steckt eine beidseitig intrinsische Motivation. Diese ist entscheidend und nicht irgendeine Form von Druck, Zwang oder Angst, und sei sie noch so gut oder fromm getarnt.


Foto: Marion Wenge, Zyklus CREDO zum Apostolischen Glaubensbekenntnis, https://www.marionwenge.de/

Marion Wenge wuchs im Münsterland auf und studierte Soziale Arbeit. Nach vielen Jahren in der Kinder- und Jugendarbeit sowie der Erwachsenenbildung wandte sie sich 2009 der Malerei zu.

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2 Kommentare
  1. Machtfrei ist nicht machtlos, eine gute Differenzierung! Vielleicht passt hier auch das Wort absichtslos dazu, denn wenn ich absichtslos in ein Gespräch gehe, dann bin ich erstmal frei von einem treibenden Gedanken, aber handlungsfähig auf das einzugehen, was kommen wird.

  2. Dazu 2 Thesen von Waldefried Pechtl, ein viel zu früh verstorbener Berater und Bioenergetiker:
    >> Kräftige Menschen brauchen keine Macht. Kraftlose Menschen
    missbrauchen ihre Macht<> Die Hilflosigkeit ist der geeignetste Ausgangspunkt für Entdeckungen.
    Das Unerkennbare formt uns schöpferisch. Die Aufmerksamkeit lässt
    uns das Schöpferische wahrnehmen.<<

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