Wie unerlässlich Disziplin ist
Georg Plank

Wie unerlässlich Disziplin ist, auch wenn ich sie nie perfekt lebe

Wie ich bereits im letzten Blog angedeutet habe, war der Wegfall von von außen kommenden Strukturen nicht nur etwas Befreiendes. Es zwang mich auch dazu, meinen Alltag selbständig zu strukturieren und die für ein gutes Leben notwendigen Balancen eigenverantwortlich zu suchen.

Eine Folge war ein weit positiveres Verhältnis zu dem, was man Disziplin und Ordnung nennt. Ganz einfach, weil ich beide nun viel stärker als tragende und hilfreiche Werte erlebe. Weil ich sie mir selbst erarbeiten musste und jeden Tag muss. Weil dieses Training meine charakterlichen Muskeln stärkt und mich leistungsfähiger macht. Weil ich so leichter Wichtiges von Dringendem unterscheiden kann. Weil ich so besser mit dem ständigen Zuviel, Zulaut und Zuschnell umgehen kann. Weil ich nicht mehr so anfällig für Ablenkungen bin.

Sie sehen, es ist nicht so, dass ich Disziplin oder Ordnung per se lieben gelernt habe. Nein, aber ich habe sie schätzen gelernt, weil sie mein Leben vor Bedrohungen behüten und zu Kreativität hin befreien.

Ein solches befreiendes Moment ist das, was der englische Begriff „solitude“ zum Ausdruck bringt: Eine Form des Alleinseins, ja manchmal der Einsamkeit, die – obwohl bisweilen als leidvoll empfunden – durch Annahme und positive Gestaltung zu einer geschätzten, ja unerlässlichen Qualität geworden ist. Ich habe seit zehn Jahren wieder viel mehr Zeit. Zeit zur freien Gestaltung, Zeit mit mir allein, Zeit zur Muße. Gefährdete Zeit durch die pandemisch gewachsenen, vor allem digitalen Möglichkeiten der Ablenkung und Zerstreuung.

Diesen immer wieder widerstehend, sind Erfahrungen von Sammlung, Konzentration oder auch nur guter, alter Langweile zu Perlen geworden, deren Kostbarkeit ich wertschätze.


Foto: Marion Wenge, Zyklus CREDO zum Apostolischen Glaubensbekenntnis, https://www.marionwenge.de/

Marion Wenge wuchs im Münsterland auf und studierte Soziale Arbeit. Nach vielen Jahren in der Kinder- und Jugendarbeit sowie der Erwachsenenbildung wandte sie sich 2009 der Malerei zu.

 

Kategorien:

Organisationskultur & Körpersprache, Leadership, respektvoll missionieren, Persönlichkeitsentwicklung & Spiritualität, Glaube & Gesellschaft

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