Der Wert von Kreativworkshops:
Als sich etwa fünfzehn Personen unterschiedlicher Rogers‘ Bell Typen aus diversen diözesanen Abteilungen auf dem Gipfelplateau des Plabutsch trafen, eines Berges mit Blick auf ganz Graz, um kreative Aktionen für das Jahr des Glaubens auszutüfteln, hatte nicht eine davon die eine geniale Idee. Es war das Zusammenspiel unterschiedlicher, teils verrückter Vorschläge, das lateral-schräge Denken einiger Teilnehmer:innen und die Offenheit aller für gemeinsame erfolgsversprechende Ideen, aus dem letztendlich eine geniale Idee geboren wurde. Eitelkeit, Machtspielchen oder Kleingeistigkeit waren uns dabei fremd. Humor, Verspieltheit und Vertrauen auf die Ruach hingegen ganz nah.
Die Bedeutung von Kritik und Skepsis:
Alle Leser:innen mit Erfahrungen im kirchlichen Umfeld können sich vorstellen, dass nicht alle begeistert auf unsere Aktionsidee reagierten, um es gelinde auszudrücken. Hilfreich für das Gespräch mit allen Skeptiker:innen war, dass es in der Diözese Graz-Seckau eine ähnlich geartete Vorgängeraktion unter dem Motto „auf Christus schauen“ gegeben hatte. Dadurch konnten wir auf den positiven Erfahrungen der damaligen „early adopters“ aufbauen. Um das an einer Kennzahl zu verdeutlichen: Wir brauchten bei der ersten Aktion fast zwei Jahre, um 60 Pfarrgemeinden zum Mittun zu bewegen. Bei der Aktion Glaube meldeten sich nach dem Kick-off innerhalb von zwei Wochen bereits 200 Pfarren an, das sind mehr als 50% aller steirischen Pfarrgemeinden. Schlussendlich beteiligten sich fast 300 steirische und weitere 200 Pfarren aus ganz Österreich an der Aktion, außerdem viele Religionslehrer:innen, Caritaseinrichtungen, Bildungshäuser und kirchliche Vereine und Bewegungen. 600 Aktionsverantwortliche leiteten die lokalen Aktionen und wurden von über 7000 Ehrenamtlichen unterstützt, zusätzlich von vielen Firmen, Feuerwehren und örtlichen Vereinen. Dennoch galt es in vielen guten, teilweise harten Gesprächen zusätzliche Vorbehalte zu überwinden, weil die Aktion Glaube ja eine liturgische Tradition aufgriff. Das ist besonders in der katholischen Kirche eine besonders heikle Sache, bei der jede Veränderung besonders intensiv hinterfragt wird. Dieses kritische Hinterfragen führte letztlich zu besserer Qualität sowohl in den Details als auch in der Durchführung, als wenn das Ganze unkritisch durchgewunken worden wäre.
Sog erzeugen, nicht Druck machen:
Diese Haltung verband mich mit dem damaligen Leiter des Pastoralamtes Karl Veitschegger. Wir sahen unsere relative Machtlosigkeit im hierarchisch diözesanen System nicht als Hindernis, sondern als Vorteil. Denn es lag uns fern, den Pfarrgemeinden und anderen kirchlichen Einrichtungen etwas vorzuschreiben oder sie zum Mitmachen zu überreden, sondern wir wollten sie beteiligen und so ihre Lust zum Mitmachen wecken. Zentral dafür waren eine glaubwürdige und zündende Botschaft, ein penibler Organisationsplan, klare Rahmenbedingungen und hohe Eigenständigkeit in der Umsetzung. Außerdem fühlten sich alle durch die EINE Aktion an vielen Orten miteinander verbunden. So rief ein steirischer Feuerwehrmann spontan aus: „Da war ich auch dabei!“, als er Bischof Manfred Scheuer in einem Bericht in den Hauptabendnachrichten das Gipfelkreuz des höchsten österreichischen Berges, des Großglockners, verhüllen sah. Auch kirchlich Engagierte machen gerne mit, wenn etwas als gut angesehen und über den Insiderkreis hinaus beachtet und anerkannt wird, vergleichen Sie das Kapitel 5 über Erfolg.