Energie als zentrale biblische Kategorie

Der evangelische Theologe Christian A. Schwarz hat in den letzten Jahren intensiv zum Energiebegriff geforscht. Er ist überzeugt, damit einer in allen westlichen Kirchen verschütteten Tradition auf die Spur zu kommen, die jedoch in östlichen Kirchen nicht nur lebendig, sondern eine zentrale Dimension hat, vergleichbar mit Dogmen wie der Personalität Gottes oder der Trinität. Schwarz beschreibt seine Entdeckungen kurz im Buch „Gott ist unkaputtbar“ und wesentlich ausführlicher in seiner „Energie-Trilogie“.

An dieser Stelle beschränke ich mich auf seine These, dass die Unterscheidung zwischen Gottes unbeschreibbarem und unzugänglichem Wesen und Seine unerschaffene Energie ein einzigartiges Merkmal griechischer, also orthodoxer Theologie ist, die im Westen keine Entsprechung hat. Das hat in seiner Analyse dramatische Konsequenzen. Denn ohne ein Verständnis des Themas „Energien“ sei weder eine Reflexion noch eine Wahrnehmung vieler neutestamentlicher Realitäten möglich. Die daraus resultierenden Defizite ließen sich laut Schwarz durch den verstärkten Dialog zwischen westlichen und östlichen Kirchen ausgleichen: Der Westen könne und müsse vom Osten lernen und der Osten vom Westen, nicht in einer unkritischen Vermischung, sondern im Bewusstsein, dass beide „Flügel“ zur DNA des Christentums gehörten.

Für mich ist das ein weiteres Beispiel für das Konzept des Wertequadrats Von Friedemann Schulz von Thun zur kreativen Nutzung von Polaritäten.