In Gesprächen mit kirchenkritischen Menschen aller Altersstufen höre ich immer wieder, dass als besonders heuchlerisch empfunden wird, wie die katholische und andere Kirchenvertreter:innen einerseits die unteilbare Würde jedes Menschen betonen und zugleich diskriminierende Unterschiede nach Geschlecht oder sexueller Orientierung hartnäckig „begründet“ werden, mit teilweise fürchterlichen Folgen für viele Betroffene. Diskussionen um die LGBTQ-Bewegung oder die Genderfrage polarisieren gewaltig! In den USA verstärkt sich zusätzlich eine immer intensivere Debatte um die Rolle aller Kirchen beim brisanten Thema des strukturellen und systemischen Rassismus.
Rassistisches oder diskriminierendes Verhalten widerspricht fundamental dem Vorbild des Gründers.
Einer der wenigen afro-amerikanischen katholischen Bischöfe, der mittlerweile emeritierte Bischof Edward K. Braxton von Belleville, Illinois, hat dazu 2021 das Buch “The Church and the Racial Divide” veröffentlicht. Darin sagt er, dass neben der Katastrophe vielfachen Kindesmissbrauchs durch Kleriker die Zurückhaltung der katholischen Kirche in Fragen systemischen Rassismus eine der Hauptgründe des massiven Vertrauensverlustes in weiten Kreisen der US-amerikanischen Gesellschaft sei.
Ob in einer solchen Situation die Wahl des deklarierten Franziskusgegners Erzbischof Timothy P. Broglio, seit 2008 US-Militärbischof, zum neuen Präsidenten der US-Bischofskonferenz hilfreich ist, ist äußerst zweifelhaft.