Pastoralinnovation Bonustext
Georg Plank

Sind erfolgreiche Menschen moralisch besser?

Zu vielen erfolgreichen Personen oder Initiativen gibt es teils massive Kritik, auch zu den im vorigen Bonustext Erwähnten. Bernhard von Clairvaux gilt etwa als ein eifriger Promotor der Kreuzzüge. Mutter Teresa habe fragwürdige Methoden im Umgang mit Kranken angewandt, sei mit Spendengeldern intransparent umgegangen und habe in manchen Fragen fundamentalistisch agiert. Die weltweit aktive Megachurch „Willow Creek“ aus Chicago wurde in den letzten Jahren durch Vorwürfe der sexuellen Belästigung von Frauen erschüttert, die den Gründer und jahrzehntelangen Leiter Bill Hybels betrafen und ihn zur großen Verwirrung vieler engagierter haupt- und ehrenamtlicher Mitglieder gewissermaßen „entmythologisierten“.

Klar ist, dass bei erfolgreichen Menschen, v.a. bei Führungskräften, ein strengerer Maßstab angelegt wird, egal ob es ihr berufliches oder privates Leben betrifft. Von erfolgreichen Menschen scheint man sich zu erwarten, dass sie fehlerfreier und ethisch hochstehender seien als gewöhnliche Sterbliche. Das ist menschlich verständlich und absolut richtig. Im Gegensatz dazu hat die katholische Tradition immer wieder betont, dass gerade Heilige immer auch große Sünder:innen waren. Die Formulierung „O felix culpa“ aus dem liturgischen Gesang Exsultet, der bis heute Bestandteil der römisch-katholischen und evangelisch-lutherischen Osternachtfeier ist, verdeutlicht eine Theologie, die von der paulinischen Rechtfertigungslehre im Römerbrief bis zur Gegenwart fundamental für das christliche Verständnis von Schuld und Scheitern bzw. Erlösung und Erfolg ist.

Oscar Wilde fasst das simpel so zusammen: „Jeder Heiliger hat eine Vergangenheit, jeder Sünder eine Zukunft.“ Heilig im christlichen Sinn meint eben nie vollkommen, unfehlbar oder sündenfrei! Jeder Mensch hat das Potenzial zur Größe, bleibt aber immer auch sündhaft. Dieses zentrale Kennzeichen jüdisch-christlicher Tradition wird aktuell durch einen überbordenden und per social media multiplizierten, ja aufgeblähten Moralismus konterkariert, der es den „Guten“ ermöglicht, die „Bösen“ guten Gewissens zu hassen. Das führt zur Spaltung der Gesellschaft, einem Klima des Misstrauens und einem letztlich unerbittlichen Umgang miteinander. Die im Sinne einer Lösung zweiter Ordnung (Paul Watzlawick) Aufforderung Jesu „Wer von euch ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein“ gewinnt angesichts von Unbarmherzigkeit neue Aktualität. „In der christlichen Vorstellung hat der Mensch lebenslang Erbarmen und Verzeihen nötig und ist aus diesem Grund dazu angehalten, seinerseits stets Erbarmen und Verzeihen zu üben. Eine Gesellschaft mit diesem inneren Kompass wäre gewiss menschlicher und toleranter“, analysiert diese Entwicklung der italienische Schriftsteller, Publizist und Kommunikationsberater Giuseppe Gracia.

Übrigens, falls Ihnen dieses Zitat gefallen hat: Sein Autor ist bei Gott nicht unumstritten, v.a. was seine Rolle als (ehemaliger) Pressesprecher des Schweizer Bistums Chur betrifft, wo manche ihn und seine Methoden als „kirchlichen Hooligan“ bzw. „Möchtegern-Houellebecq“ kritisierten.

Pastoralinnovation - das Buch

"Ich habe dieses Buch für alle geschrieben, die Kirche an alten und neuen Orten innovieren wollen - mit vielen konkreten Beispielen, erhellenden Hintergründen und überraschenden biblischen Inspirationen - in leicht verständlicher Sprache und nicht ohne Humor! Geeignet für haupt- und ehrenamtliche Engagierte, für alle Interessierten an christlich inspirierter Innovation und für alle, die als distanzierte Kritiker:innen Interesse daran haben, dass Kirchen die Gesellschaft glaubwürdig und positiv mitgestalten." - Georg Plank

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