Jüngerschaft und Engagement
Georg Plank

Schlüssel Nr. 8: Jüngerschaft und Engagement

Neben Kommunikation ist mehr denn je die Personalfrage entscheidend dafür, ob eine Organisation erfolgreich ist. Das gilt selbstredend auch für Kirchen.

In meiner Dissertation über „Kirchliche Personalentwicklung nach dem zweiten Vatikanum“ habe ich vor 20 Jahren intensiv dazu geforscht. Durch die internationalen Erfahrungen von Pastoralinnovation haben sich viele Thesen bewahrheitet.

So ist zuvorderst die jeweilige Kultur oder, wie ich es gerne nenne, die „organisationale Körpersprache“ vorrangig. Wie fühlt sich eine Gruppe, eine Pfarrgemeinde oder ein Krankenhaus an? Würde man gerne wiederkommen? Möchte man sich dort engagieren oder nicht? „Jeder gute Baum bringt gute Früchte hervor, ein schlechter Baum aber schlechte“ (Matthäus 7,17) Das bedeutet: Eine gute Kultur wird die richtigen Leute anziehen und eine tiefe Verbindung mit ihnen ermöglichen, sodass neue Menschen neue Ideen einbringen und ausprobieren können. Das vitalisiert das gesamte System.

Dann geht es um konsequente Gabenorientierung. Dem würde zwar jede:r zustimmen, aber in der Realität gelten nach wie vor andere Prioritäten. Zum Beispiel: Wer ist haupt-oder ehrenamtlich tätig? Wer hat ein Weiheamt inne und wer nicht? Wer hat Theologie studiert und wer nicht?

Kirchliche Organisationen brauchen als hauptamtliche Mitarbeiter:innen in allen Bereichen „gläubige Profis“. In manchen Bereichen ist der persönliche Glaube und eine entsprechende Lebenspraxis zentral, in anderen muss das Wissen, die Fachkompetenz oder das handwerkliche Knowhow auf hohem Niveau sein wie zum Beispiel bei Gesundheitspersonal oder bei Bauverantwortlichen. Aber selbst Abteilungen, die scheinbar nichts mit dem Glauben zu tun haben, denken Sie an IT, Buchhaltung oder Immobilienverwaltung, müssen mit ihren Mitarbeiter:innen thematisieren, was ihre Arbeit mit der christlichen Botschaft zu tun hat. Selbstverständlich gilt: Ob jemand gläubig ist oder nicht, ist eine freie, persönliche Entscheidung. Allerdings sollte die Auseinandersetzung damit selbstverständlicher Bestandteil des jeweiligen Dienstauftrags sein. Jede:r Mitarbeiter:in muss sich bewusst sein, mit ihrem Engagement Teil von Kirche zu sein, auch diejenigen, die keiner oder einer anderen Religionsgemeinschaft angehören, was in einer pluralen Gesellschaft immer häufiger der Fall ist – und das ist auch gut so!

Es gilt, mutig Tabus zu brechen und überreglementierte Strukturen zu liberalisieren. Das bedeutet in vielen Fällen auch: weniger zentral organisierte Personalentwicklung und mehr subsidiär gestützte lokale Verantwortung. Neue Organisationen wie zum Beispiel Buurtzorg, die mittlerweile größte Pflegeorganisation in den Niederlanden, können dafür hilfreiche Vorbilder sein.

Darauf aufbauend lässt sich feststellen, dass erfolgreiche Organisationen alles tun, damit gute Einzelplayer sich in multifunktionalen konstruktiven Teams wohlfühlen und ehrgeizig und empathisch einbringen. Nutzen Sie dafür Bilder wie Orchester, Leib oder Teamsport.

In pastoralen Bereichen sehe ich besonderen Bedarf dafür, dass alle Hauptamtlichen intensiv in jesuanischer Leadership geschult und gecoacht werden. Dazu gehört auch die Fähigkeit, einen attraktiven Rahmen für ehrenamtliches Engagement zu schaffen und ständig weiterzuentwickeln.

Last, but not least muss man sich klar werden, was mit Jüngerschaft und Nachfolge gemeint ist. Dieses Thema scheint viele Kirchen nahezu zu spalten. Oder man weicht ihm einfach aus.

Die Unterscheidung zwischen einem engen und weiten Begriff von Jüngerschaft kann helfen. Beim ersten sind Menschen gemeint, die eine bewusste Entscheidung getroffen haben, dem Ruf Jesu zu folgen und ihr Leben danach auszurichten. Solche Menschen sind nicht immer leicht in bestehende institutionelle Strukturen zu integrieren, Das war in der ganzen Kirchengeschichte so. Ich bin überzeugt, dass Jünger:innen in jeder kirchlichen Sozialform notwendig sind, um die Glut des Evangeliums immer wieder neu zu entfachen – ohne deshalb von allen anderen dasselbe zu verlangen!

Darüber hinaus wird es viele Menschen geben, die de facto als Jünger:innen Jesu wirken ohne sich dessen bewusst zu sein, vergleiche die Gerichtsrede in Matthäus 25. „Wann haben wir dich hungrig gesehen?“ In modernen pluralen Gesellschaften ist dieses Phänomen eine große Chance, weil so viele Menschen guten Willens für einen gemeinsamen „purpose“ zusammenarbeiten können, ohne sich in Fragen expliziter Gläubigkeit immer einig sein zu müssen.

Jüngerschaft – das ist der Schlüssel Nummer 8.

 

Foto: Reise „Die Vielfalt des Omans erleben“ mit Weltweitwandern.

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