The survival of the friendliest
Georg Plank

The survival of the friendliest

Um uns eine Vorstellung zu geben, wie kurz die Geschichte der Menschheit ist, benutzt Bregman einen Vergleich:

„Nehmen wir an, dass die Geschichte des Lebens auf der Erde nur ein einziges Kalenderjahr statt 4000 Millionen Jahre umfassen würde. Dann hätten die Einzeller den Planeten bis Mitte Oktober für sich allein gehabt. Erst im November entstand das Leben, wie wir es kennen, mit Beinen, Knochen, Zweigen und Blättern. Und der Mensch? Der betrat am 31. Dezember, gegen 23 Uhr, die Bühne. Dann verbrachten wir rund eine Stunde als Jäger und Sammler, um im letzten Augenblick, etwa gegen 23:58 Uhr, die Landwirtschaft zu erfinden. In den 60 Sekunden vor Mitternacht ereignete sich alles, was wir Geschichte nennen, mit Pyramiden und Burgen, Rittern und Burgfräuleins, Dampfmaschinen und Flugzeugen. Im Handumdrehen eroberte der Homo sapiens die ganze Welt, von der kältesten Tundra bis zu den heißesten Wüsten. Wir sind sogar die erste Spezies, die die Erde verlassen hat und den Fuß auf den Mond setzte.

Aber warum wir? Warum war nicht eine Banane der erste Mondastronaut? Oder eine Kuh? Oder ein Schimpanse? Das sind keine verrückten Fragen. Denn genetisch gesehen sind wir zu 60% Bananen, zu 80% Kühe und zu 99% Schimpansen.“

Zwei Jahre nachdem Richard Dawkins seinen Bestseller über die egoistischen Gene veröffentlicht hatte und zu dem Schluss kam, dass Menschen „egoistisch geboren werden“, stellte ein unbekannter Russe eine ganz andere Theorie auf. Dieser Dmitri Beljajew vermutete, dass wir quasi domestizierte Affen seien. Mit anderen Worten, er nahm an, dass die freundlichsten Menschen in Zehntausenden von Jahren die meisten Nachkommen gezeugt hatten. Man könnte sagen: The survival of the friendliest!

„Wenn Dmitri recht hat, müssten wir die Hinweise auf diese Theorie am eigenen Leib ausmachen können. Dann müssten wir wie z.B. Silberfüchse, Schweinchen und Kaninchen kleiner und niedlicher geworden sein. Der russische Biologe verfügte nicht über die Mittel, seine Hypothese zu testen, aber inzwischen ist die Wissenschaft viel weiter fortgeschritten. Schimpansen und Orang-Utans erreichen bei fast allen mentalen Fähigkeiten ähnliche Ergebnisse wie zweieinhalbjährige Kinder. Aber in der Kategorie des social learning sind Kleinkinder in jeder Hinsicht überlegen. Die meisten Kinder erreichen 100 Prozent, die meisten Affen 0. Menschen scheinen supersoziale Lernmaschinen zu sein.

Wir werden geboren, um zu lernen, uns miteinander in Verbindung zu setzen und zu spielen. Ist es dann noch verrückt, dass Erröten ein einzigartiger, menschlicher Gesichtsausdruck ist? Erröten ist eine typische soziale Fähigkeit. Leute, die erröten, lassen erkennen, dass sie etwas darauf geben, was andere von ihnen denken. Das schafft Vertrauen, weshalb wir besser zusammenarbeiten können.“

Übrigens: In späteren Ausgaben seines Bestsellers „Das egoistische Gen“ nahm Richard Dawkins seine Worte über unsere „natürliche Selbstsucht“ zurück. Und heutzutage glaubt kaum noch ein Biologe daran. Kampf und Konkurrenz spielen eine klare Rolle in der Entwicklung des Lebens, aber jeder Erstsemesterbiologe lernt heutzutage, dass Zusammenarbeit viel ausschlaggebender ist.

Foto: Ausstellung „Les journées photographiques de Léhon – Renaissance du vivant“ des Léhon Audio Photoclubs in der Bretagne im Sommer 2023

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Ein Kommentar
  1. Lieber Georg!

    Danke für deine Blogbeiträge.
    Der heutige „Survival of the friendliest“ gefällt mir ausgesprochen gut; es gibt aber mehrere Bücher zu diesem Thema, auch welche, die älter sind als „Das egoistische Gen“. Sobald mir eines in die Hände fällt, schicke ich dir die Info. Habs beim Übersiedeln Ende August in der Hand gehabt…
    Dagmar Ruhm

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